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Angriff der Homocons
In Angriff der Homocons analysiere ich, wie Autoren des Bandes »Beißreflexe« die Rechte von Homosexuellen für antimuslimischen Rassismus und neokonservative Kriegspolitik instrumentalisieren.
Die von manchen kritisierte Überschrift ist eine Anspielung auf Richard Goldsteins 2003 erschienenes Buch Homocons. The Rise of the Gay Right, das den Aufstieg einer Reihe konservativer schwuler und lesbischer Publizist_innen wie A. Sullivan, C. Paglia und B. Bawer in den 90er Jahren auf die Publikationsentscheidungen liberaler Medien und ihren politischen Ausverkauf der »queeren Community« zurückführte.
Wie sehr sich diese politische Einordnung mittlerweile bewahrheitet hat, zeigt sich nicht nur an den zahlreichen, immer offener rassistischen Texten, die in derselben Reihe folgten, sondern etwa auch daran, wie der in dieser Rezension prominent besprochene Autor Vojin Saša Vukadinović, der auch sonst medial die meiste Aufmerksamkeit auf sich zog, in den letzten Jahren dazu übergegangen ist, die radikale Sozialstaatsgegnerin Ayn Rand, die Steuern als »Sozialismus« und organisierten Diebstahl der Versager an den »Leistungsträgern« der Gesellschaft betrachtete, in Vorträgen, Interviews und Artikeln als vergessene Heroin des Feminismus zu bewerben.
Sabri Deniz Martin, der in einem der Folgebände der sog. Kreischreihe mit den Kritiker_innen des Sammelbandes abrechnete, störte sich vor allem daran, dass die vermutete Sexualität seines Mitautors Vukadinović und anderer Mitwirkender an dem Sammelband durch den Titel der Besprechung mit »Rechtskonservatismus« (?) in eine »Ecke« gerückt worden sei. Dies sei »nichts als schwulenfeindliche Diffamation«. Bei der Überschrift ging es mir allerdings mitnichten um die sexuelle Orientierung oder andere persönliche Eigenschaften einzelner Autor_innen, die außer für sie selbst völlig belanglos sind, sondern um den größeren Kontext, nämlich die sich durch zahlreiche Beiträge ziehende Verknüpfung queerer Politik mit rechtslibertären Themen. Und es ist doch ein bezeichnender Vorgang, wenn ein lesbisch-schwuler Verlag, der sich selbst subjektiv noch immer auf der »richtigen Seite« wähnt, seit Jahren einseitig und ohne den Versuch, einer Debatte Raum zu geben, Autor_innen pusht, die ihr imperialistisches Weltbild, ihren Sozialdarwinismus und ihren offenherzigen Rassismus mit wachsender Brutalität auf die Agenda setzen.
Dass am Ende dieser Entwicklung, wie bei Vukadinović, die Umdeutung von Ayn Rand, des Vorbilds des rechten Flügels der US-Republikaner, zur queer-feministischen Ikone steht, sollte dem Verlag vielleicht zu denken geben. Zu erwarten ist das freilich kaum.