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Die Vertreibung aus dem Serail
Europa und die Heteronormalisierung der islamischen Welt
Islamische Staaten geraten durch die Verfolgung Homosexueller immer wieder in den Blickpunkt der westlichen Medien, die solche Vorfälle gern als Zeichen kultureller Rückständigkeit interpretieren. Einige Bundesländer schlugen deshalb vor, Muslime im Einbürgerungsverfahren nach ihrer Einstellung zu Homosexuellen zu befragen. Zeigen sich deklassierte Halbstarke aus Migrantenfamilien aggressiv gegenüber Schwulen, werden reflexhaft religiöse Motive unterstellt.
Dabei beschworen Homosexuelle die Kultur des »Orient« noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts als ein tolerantes Gegenbeispiel zu den Jahrhunderten religiöser und säkularer Verfolgung in Europa. Die klassische arabische Liebeslyrik z.B. ist voll von gleichgeschlechtlichen Motiven, die man in der Literatur des »aufgeklärten« Abendlands vergeblich sucht. Man mag kaum glauben, dass sich die Lebensweise in islamischen Gesellschaften in einer so kurzen Zeitspanne auf so einschneidende Weise geändert haben soll. Doch gerade diejenigen, die mit dem Finger auf die Homophobie der islamischen Welt zeigen, gehen jeder Erklärung dieses Wandels aus dem Weg.
Anhand zahlreicher historischer und aktueller Quellen belegt der Autor, dass die Schwulenverfolgung in Ländern wie Iran und Ägypten weniger das Relikt einer vormodernen Vergangenheit ist. Vielmehr handelt es sich um das Resultat einer gewaltsamen Angleichung an die Denkformen ihrer ehemaligen Kolonialherren, die Homosexuelle im Prozess der Modernisierung erstmals identifiziert, benannt und zum Objekt staatlichen Handelns gemacht haben. Homophobie ist eine Erfindung des christlichen Westens, die im Zuge der Globalisierung in die entlegensten Winkel dieser Welt exportiert wird.
Männerschwarm, 2008-2018 (6 Auflagen). Kart. – 168 S.
Stimmen
»Bleibt zum Schluss nur noch zu sagen: was für ein tolles und erkenntnisreiches Buch!« —Graswurzelrevolution Nr. 350 (2010)
»Es ist beeindruckend, auf welch engem Raum Klauda hier nicht nur Historisches darlegt, sondern auch weitgehende Thesen entwickelt.« —Jakob Schmidt, Phase 2 Nr. 32 (2009) online lesen…
»Klaudas Buch hat mit Anhang zwar gerade mal 170 Seiten, aber auf denen knallt’s und scheppert’s ganz famos, und das auf hohem theoretischen Niveau« —Dirk Ruder, Gigi Nr. 58 (2008)
»Es ist, um es gleich zu sagen, einer der in Deutschland seit Jahren profundesten Beiträge zur sexualpolitischen Debatte geworden.« —Salih Alexander Wolter, Rosige Zeiten Nr. 119 (2008) online lesen…
Leseprobe
Eine frühe Vorversion des ersten Kapitels find sich in der Nr. 10 (Dez. 2003) der Zeitschrift Phase 2 unter dem Titel »Globalizing Homophobia«.
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